Montag, 17. Oktober 2005

Bars

Laut Statistik ist nirgendwo in Europa die Dichte an Bars so groß wie in Spanien, und auf El Hierro ist bei weitem höher als der spanische Durchschnitt. Bar hat in Spanien eine andere Bedeutung als in Deutschland, es entspricht am ehesten einer Kneipe plus Kaffeehaus. In einer spanischen Bar kann man alles bekommen, vom kargen Frühstück am Morgen bestehend aus einem (Milch-)Kaffee mit süßem Teilchen, über das zweite Frühstück mit einem gut belegten Brötchen, das auch noch kurz überbacken wird, zum Mittagessen mit Tapas, kleinen Gerichten, kalt oder warm. Abends gibt es oft in einem zusätzlichen Raum mit dem Charme einer Wartehalle einige Tische, an denen Abendessen serviert wird.

Auf dieser Insel kann man hinkommen wo man will, wenn man in eine Bar hineinschaut, sind auch Leute drin, zwei oder drei mindestens. Man trifft sich, schwatzt ein wenig, diskutiert die wichtigen Dinge des Lebens, sei es Sport oder Lokalpolitik, trinkt ein Glasl oder einen Kaffee, legt ein paar Münzen auf den Tresen und geht wieder. Man hat seine Spezln gesehn und gesprochen. Es gibt keine Notwendigkeit von Handy oder E-Mail, die Kommunikation erfolgt direkt.

Auch in den Restaurants erfolgt die innerbetriebliche Kommunikation oft noch ganz direkt, wenn auch mit speziellen Signalen. Am Samstagabend konnten wir beobachten, dass die Küchentür im Restaurant einen Spalt geöffnet wurde und sich dann mit einem Quietschen wieder schloss. Dies war das Signal für die junge Frau hinter dem Tresen, dass die Küche etwas fertig hatte, was aufzutragen war. Sie hatte die volle Bar plus das Restaurant zu versorgen und alle Hände voll zu tun. Bei dem Lärm war sowieso erstaunlich, dass sie das Quietschen überhaupt gehört hat. Wenn sie nicht gleich kam, wurde die Küchentür nochmals geöffnet und geschlossen, allerdings etwas heftiger, sodass es zweimal quietschte.

Im Fischrestaurant in La Restinga im Süden ist Manolo der Chef im Ring. Sein "Leitstand" ist ein Stück Theke, darauf liegt eine Pinntafel aus Kork. Pro Tisch hat er einen Zettel, der auf der Korktafel befestigt wird, auf dem die Bestellungen vermerkt sind. Die Durchschläge gehen rechts an die Bar bzw. links in die Küche. Mit beiden Seiten spricht er zusätzlich laut und ohne Pause, gibt Anweisung, welche Getränke zuerst wohin gebracht werden sollen. Die Küche erfährt, bei welcher Bestellung der Fisch besonders groß sein soll, oder dass um eine kleinere Portion gebeten wurde. Gleichzeitig redet er mit den Gästen und kommentiert dann befriedigt mit einem "perfecto".

Erwähnt werden muss auch die Freiluftvariante der Bar, die es hier gibt, z.B. bestehend aus einem Wagen, der vermutlich nie mehr fahren wird, oder aus einer Bretterbude in Strandnähe, deren Vordachkonstruktion weitaus solider erscheint, als die Bude selbst. Auch diese Bars haben ihre Stamm- und Laufkundschaft, um deren Anzahl und Frequenz sie manche Kneipe in Deutschland beneiden würde.

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